Beweisregeln des Arzthaftungsprozesses
Um Arzthaftungsprozesse erfolgreich zu führen, ist die Kenntnis der besonderen Beweislastverteilungs- und Beweiserleichterungsregeln im Arzthaftungsrecht von entscheidender Bedeutung.
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Für das Vorliegen eines ärztlichen Behandlungsfehlers sowie dessen Kausalität für die eingetretenen Schäden trägt grundsätzlich der Patient oder die Patientin die Beweislast. Aus diesem Grund ist stets zu prüfen, ob im Einzelfall eine Beweiserleichterung zum Tragen kommt. Eine Beweislastumkehr zu Lasten der Behandlerseite ist beispielweise bei einem sog. groben Behandlungsfehler anzunehmen. Die Bewertung eines ärztlichen Fehlverhaltens als „grob“ richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls und ist anzunehmen, wenn der Arzt oder die Ärztin eindeutig gegen bewährte ärztliche Behandlungsregeln oder gesicherte medizinische Erkenntnisse verstoßen und einen Fehler begangen hat, der aus objektiver Sicht ärztlicher nicht mehr verständlich erscheint, weil er einem Arzt oder einer Ärztin schlechterdings nicht unterlaufen darf (BGH, Urteil vom 25.10.2011, VI ZR 139/10). Im Falle eines groben Behandlungsfehlers wird gemäß § 630h Abs. 5 S. 1 BGB vermutet, dass der Behandlungsfehler für die entstandene Verletzung ursächlich war. Der Arzt oder die Ärztin muss in diesem Fall beweisen, dass die eingetretene Verletzung nicht auf dem konkreten Fehlverhalten beruht. Außerdem kann sich eine Beweiserleichterung für den Patienten oder die Patientin auch im Falle eines Befunderhebungsfehlers ergeben. Eine Beweiserleichterung ist dann anzunehmen, wenn bei der Unterlassung der Erhebung oder Sicherung medizinisch gebotener Befunde nachgewiesen werden kann, dass die (hypothetische) Befunderhebung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein reaktionspflichtiges Ergebnis ergeben hätte und das Unterlassen einer Reaktion hierauf als grober Fehler zu bewerten wäre, § 630h Abs. 5 S. 2 BGB.